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Grunsätzliche Gedanken zur Erziehung   

 
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Caprivi
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BeitragVerfasst am: 24.03.2009, 00:03    Titel: Grunsätzliche Gedanken zur Erziehung   Antworten mit Zitat

Das Thema Erziehung begleitet mich schon seit 49 Jahren.
Ich habe sie, die Erziehung, an mir selber erfahren, und ich bin seit mehr als 33 Jahren erzieherisch tätig.
In all diesen Jahren habe ich auch weiter selber Erziehung und daraus Veränderungen erfahren.

Eine wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Erziehung ist nach meiner Überzeugung der Respekt.
Damit meine ich den Respekt vor dem, jedem, Individuum.
Ich wollte die Ferne zu Rafaela in den letzten drei Wochen nutzen um zu den Themen Erziehung und Bodenarbeit zu schreiben.
Es war ein intensiver Prozess von Selbstreflektion und Beobachtung.

Der Schlüssel für eine "gute" Erziehung liegt bei uns Menschen. Er liegt darin, wie wir unsere Tiere wahrnehmen. Er liegt auch in dem Bewusstsein für die "Rolle" die wir haben. Ich schreibe bewusst nicht vom spielen einer Rolle. Es kommt auf Glaubwürdigkeit, Autenzität, in der Rolle an.
Um erfolgreich einen andern erziehen zu können muss ich die Rolle eines Leittiers, eines Vorbild inne haben.
Dieses Rollenbewußtsein hat für die Equiden eine existenzielle Bedeutung, und hat ihnen über 60 Millionen Jahren der Evolution garantiert. Dagegen wirken 6000 jahren Domestizierung gering.
In der Herde gibt es keine gleichrangigen Mitglieder. Mit dem Platz in der Herde ist Verantwortung verbunden. Daran hängt die Sicherheit und das Überleben der Herde.
Daraus leiten sich viele Verhalten ab.

Also:
Es gibt nur einen Inhaber einer Position. Entweder man ist ein Leittier oder man wird kontrolliert.
Das Leittier trägt die Verantwortung für seine Herde.
Diese Position wird ständig überprüft. Das tuen Multiere intensiver als Pferde.
Es ist keine Respektlosigkeit und keine Ungezogenheit im Verhalten der Tiere, sondern ich sehe darin ein naturgegebenes Verhalten mit dem ich umgehen muss. Das heißt nicht, Eigeninitiative der Tiere zu unterdrücken, aber die Situationen stets im Griff haben.
Die Tiere überprüfen mit den "Respektlosigkeiten" die Kompetenz ihres Leittieres, eine für das Überleben der Herde äußerst wichtige Eigenschaft.
Diesem Test muss ich stets angemessen und gerecht begegnen. Je früher und subtiler um so besser. (Wehret den Anfängen!)

In Allem was wir mit den Tieren tuen erziehen wir sie.
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ostemporale
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BeitragVerfasst am: 24.03.2009, 09:07    Titel:   Antworten mit Zitat

@Caprivi
Es gibt nur einen Inhaber einer Position. Entweder man ist ein Leittier oder man wird kontrolliert.
Das Leittier trägt die Verantwortung für seine Herde.
Diese Position wird ständig überprüft. Das tuen Multiere intensiver als Pferde.

Und da haben wir wieder die 2 Lager: Auf der einen Seite Dominanz und auf der anderen Seite das treffend von Mark Rashid ausgedrückte passive leadership. Ich möchte erreichen, das ein Pferd einsieht, daß es gut ist mir zu folgen und nicht daß es weiß, von mir als alpha drohen Konsequenzen mit Dominanzverhalten. Ich glaube, das ist auch eine persönliche Einstellung zur Tier- und Menschenführung.
Wenn ein Equide sich anders verhält als ich es gerne hätte, frage ich mich zuerst warum er das macht und probiere ihm dann verständlich zu machen, das ich etwas anderes von ihm möchte.
Bestes Beispiel: Ich führe ein Pferd an meiner rechten Seite einen Weg entlang und es zieht nach rechts um Gras zu fressen. Würde ich auch machen als Grasfresser. Nach ein paar Maulvoll, wird zum Weitergehen mit Stimme und Geste aufgefordert (vorher üben). Führe ich das gleiche Pferd links und es zieht nach rechts, begrenzt mich also, gibts eins mit dem Ellenbogen in die Rippen und die Sache ist geregelt.
Generell kann ich sagen, wo immer mit Dominanz geführt wurde, gibt es nach meiner Beobachtung nur temporären Erfolg, bzw. programmiertes langandauerndes Fehlverhalten(besonders bei Menschen). Bei Führen mit Einsicht bzw. nach angenehmer Erfahrung eine gute Vertrauensbasis.
Was ich allerdings nicht glaube, ist das man auch nur annähernd in die Nähe eines Leittierbildes kommt. Ein Equide ist doch nicht blöd und erkennt sofort das wir einer anderen Spezies angehören.
Ich bin kein Anhänger irgendeiner Schule sondern versuche immer individuell auf den Charakter eines Tieres zu einzugehen und darauf aufbauend ihn zu animieren mit mir zu arbeiten und mir zu folgen - ganz ohne Lehrbuch und Kurse.

Klaus
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Beate
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BeitragVerfasst am: 24.03.2009, 15:51    Titel:   Antworten mit Zitat

Vielen Dank Holger, dass Du uns an Deinen Gedanken teilhaben lässt! Thumbsup

Ich denke, dass es der Wunsch eines Jeden wäre, seine Tiere per "passive Leadership" zu führen. Leider ist diese "Ausstrahlung" nur wenigen gegeben - sodass dann eben zur "aktive Ledership" gegriffen werden muss. Und dass ein Mensch nicht wirkich in der Lage sein kann, die Leittierrolle FÜR DAS TIER authentisch rüberzubringen, liegt für mich auf der Hand. Von daher sehe ich die gewünschte Rollenverteilung nicht in Leittier/Herde, sondern in Partnerschaft. Diese sollte das Ergebnis eines fortwährenden Prozesses sein.
Aber zum Thema "Erziehung". Für mich ist das Wort Erziehung - so alleine in den Raum gestellt - negativ besetzt. Das Wort erinnert mich irgendwie an den Lehrer mit Rohrstock (den ich noch erleben durfte). In Bezug auf Equiden finde ich das Wort "Ausbildung" netter.
Wenn wir uns vornehmen, unser Muli zu erziehen, müssen wir aufpassen, dass wir nicht das Wunschbild einer willenlosen Maschine vor uns haben, die einfach nur funktioniert. Ganz wichtig finde ich, den Tieren dabei ihre Individualität zu lassen. Und es ist dann - wie auch Holger es schreibt - am Menschen, mit dieser Individualität klar zukommen, und in die richtigen Bahnen zu lenken.
Überhaupt sehe ich in Bezug auf die "Erziehung" unserer Equiden das Problem beim Menschen, und nicht beim Tier. Denn ER - der Mensch - muss die Kenntnisse und Fertigkeiten haben, um dem Tier klar zu sagen, was er möchte und was nicht (und auch die Konsequenz haben, dies IMMER so klar darzustellen). Allzuschnell wird in der Pferde- und Reiterszene dem Tier die Schuld zugeschoben - was eigentlich Unfähigkeit des Menschen ist. Daher beginnt für mich die Erziehung von unseren Mulis immer beim Menschen!
Und das höchste Gut, das wir unseren Maultieren mit auf den Weg geben können, ist eine gute, fundierte (ich nenne es mal) Ausbildung! Die kann ihm niemand mehr nehmen, und im Zweifelsfall kann ihm eine gute Ausbildung/Erziehung das Leben retten!
Gruss
Beate

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ostemporale
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BeitragVerfasst am: 24.03.2009, 16:53    Titel:   Antworten mit Zitat

Ich denke das diese passive Führrolle rein gar nichts mit Ausstrahlung zu tun hat, sondern mit einfachem Beobachten und Schlüsse daraus ziehen. Im Gegensatz zum Tier können wir uns Gedanken machen über Dinge und Szenarien entwickeln. Wir können agieren, ein Tier wird immer reagieren. Das in unserem Sinne "richtige" Reagieren wird belohnt (Stimme, Streicheln). Wenn ein Training auf die standardisierten Reaktionsmechanismen aufgebaut wird, kann ich aktiv die Reaktionen lenken ohne jedoch zu führen zu müssen.
Wenn man sich in die Tiere dazu emotional noch gut einfühlen kann, umso besser. Ich behaupte mal, man wird nie zum Führer von Equiden, aber zu jemand dem sie während der Zeit seiner Anwesenheit folgen.

Klaus
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Beate
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BeitragVerfasst am: 24.03.2009, 17:07    Titel:   Antworten mit Zitat

Hallo Klaus,
dann verstehen wir Beide unterschiedliche Dinge unter dem "passive Leader". Für mich ist das der Anführer einer Pferdeherde, dem aufgrund seiner "Ausstrahlung" soviel Respekt (> siehe Holgers Ausführungen dazu) entgegengebracht wird, dass er NICHT agieren muss, also passiv ist.
Gruss
Beate

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ostemporale
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BeitragVerfasst am: 24.03.2009, 17:21    Titel:   Antworten mit Zitat

Kein Anführer ist in einer Herde passiv, hier wird nur im Idealfall Respekt durch dominanzfreie Akzeptanz der übrigen Herdenmitglieder ersetzt.
Je mehr die Akzeptanz durch Respekt verdrängt wird, je mehr tritt die Dominanz in den Vordergrund. Und in der Tat, die meisten Herdenführer sind dominant, nicht weil sie es selbst gewählt hätten, sondern weil genetisch bedingte Programme ablaufen. Ich glaube weil uns Menschen die Möglichkeit zur intelligenten Akzeptanz gegeben ist, können wir passiv führen. Und ich spreche nicht von einer ganzen Herde - ein Muli langt mir schon.
Klaus
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Caprivi
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BeitragVerfasst am: 24.03.2009, 22:34    Titel:   Antworten mit Zitat

ostemporale hat Folgendes geschrieben:
...
Und da haben wir wieder die 2 Lager: Auf der einen Seite Dominanz und auf der anderen Seite das treffend von Mark Rashid ausgedrückte passive leadership...

@Klaus:
Du machst zwei Lager auf.
Ich habe noch nichts über die unterschiedlichen Typen von Führer/Leittieren geschrieben.
Diese unterschiedlichen Führer/Leittiere gibt es nun mal, sie sind Realität und daran können wir nichts ändern.

@Beate:
Erziehung findet immer statt, genauso wie Kommunikation. Sie ist das netteste was wir tun können, denn es beinhaltet nach meinem Denken auch die Erziehung die ich selber erfahre.
Und Ausbildung ist nur ein Teil der Erziehung, ein wesentlicher Teil, der aber nur in einem großen Zusammenhang wirkt. Dazu kommen noch Gerechtigkeit, Respekt, Zuverlässigkeit.

Also dann weiter mit meinen Ãœberlegungen:
Das passive Leadership ist korrekt übersetzt der informelle Führer. Auch er steht dem anderen in der Rangfolge vor.
Der informelle Führer ist der authentischere, der den Tieren die notwendige Sicherheit gibt. Er hat die Handlungssicherheit, die Kompetenz und kann Überzeugen ohne das er dabei formelle Mittel einsetzen zu muss. Er hat in seiner Rolle so ein Selbstbewusstsein, dass er nicht immer auf seinen Privilegien besteht.
Der formelle Führer hat es schwerer seine Position zu behaupten und muss immer darum "kämpfen". In diesem Kampf liegt auch die Gefahr unsicher/hiflos zu sein, was die Tiere spüren und natürlich reagieren lässt. In dieser Situation und bei fehlender Kompetenz kommt es dann zu den Methoden die auf Sanktionen und Strafen beruhen.
Diese Methoden aber fördern kein Lernen sondern sie unterdrücken, und wie Klaus ja schon schreibt bringt dieses nur einen temporären "Erfolg". Da das Tier aber nichts erfahren, gelernt hat, wird es bald wieder in einer ähnlichen Situation uns prüfen. Im extremen Fall beginnt hier eine Spirale.

Mit zunehmender Kompetenz können wir immer mehr zum informellen Führer werden,
aber es gibt Situationen in denen man auch als formeller Führer agiert, agieren muss.
Über diese Situationen müssen wir die Kontrolle behalten, um nicht in die Spirale zu kommen.

Im Moment geht es mir also darum, das Bewusstsein für das Rollenverständnis zu sensibilisieren.
Besonders das Verhalten der Tiere gilt es zu verstehen.

Ein Freund sagte einmal zu mir:
Zitat:
"Jeder Mensch handelt in jeder Situation für seine Verhältnisse ausgesprochen zweckmäßig."

Bei der Erziehung/Korrektur kommt es darauf an eine neue Zweckmäßigkeit zu vermitteln. Das bedeutet lehren und die Chance zu Lernen geben. Das schließt Strafen aus.
Das Gleiche gilt für den Umgang mit den Equiden gleichermaßen.
In ihrer Anlage sind sie ja Fluchttiere, die stets reagieren. Diese Reaktionen zielen auf ihre Grundbedürfnisse, Sicherheit, Bequemlichkeit, Fressen.
Sie planen keine Aktionen, sondern sie reagieren, zweckmäßig.

Hat das Tier mit seinem unerwüschten Verhalten Erfolg so wird es dieses Verhalten als zwechmäßig einordnen und immer wieder zeigen.
Wenn es die Erfahrung macht, dass es sich mit bestimmten Mitteln dem Wesen an seiner Seite entziehen kann um zu fressen, dann wird es dieses auch immer wieder tun.
Also muss man eine Möglichkeit finden, dem Tier eine andere Zweckmäßigkeit zu vermitteln.
Ich schreibe hier bewusst nichts von einer Methode, (vergl. Mark Rashid)
ausser das Strafen tabu sind.
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