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L Erfahrener Benutzer
Geschlecht: Anmeldungsdatum: 06.06.2010 Beiträge: 406
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Verfasst am: 11.02.2015, 17:29 Titel: Rücksichtnahme |
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Hallo ihr Lieben,
Ich hab mal eine etwas seltsame Frage an euch, nämlich die ob ihr denkt dass Mulis Rücksicht nehmen (können)? Allgemeiner Tenor bezüglich Tieren ist ja, dass so etwas zu abstrakt für ein Tier sei, nun habe ich habe eine interessante Beobachtung gemacht, die mich selbst überrascht hat.
Leider muss ich dazu etwas weiter ausholen; Ich hatte vor 2,5 Wochen einen schwereren Autounfall, und bin dementsprechend immer noch lädiert, habe eine Gipshand, ein gebrochenes Schlüsselbein und derweil noch eine Augenklappe. Am Wochenende war ich dann bei der Mulette. Ich hatte damit gerechnet, dass sie mich, verletzt nun nichtmehr als "Leittier"/"Respektperson" durchgehend, zwar beachtet und sanft mit mir umgeht, aber dass sie mir nichtmehr folgen würde. Eine ähnliche Erfahrung habe ich schoneinmal gemacht, allerdings vor einigen Jahren als Muli noch ein "Baby" im Kopf war, und damals war es keine physische Krankheit.
Ihr könnt euch vorstellen, wie überrascht ich war, als sie nicht nur genauso gut zu händeln war wie sonst, nein, besser und feiner. Vor dem Unfall war sie gerade in einer ziemlichen Testphase, und nun testete sie plötzlich kein einziges Mal mehr an, war sogar in sonst potenziellen Diskussionssituationen, wo sie sich eher verspannt und ich dann der Ruhepol sein muss, völlig entspannt, kurz, ich konnte sie trotz der körperlichen Schwierigkeiten echt gut händeln. Sogar Bodenarbeit trotz eingeschränkter Körpersprache im sonst schwierigen Roundpen war möglich, dazu war sie so auf mich fixiert und nicht zuletzt so verschmust wie noch nie, stand wirklich 2,5h bei mir und wollte gekuschelt werden, was sonst garnicht ihres ist. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass sie auf mich aufpasst und sich bemüht, mit mir meinen Einschränkungen entsprechend umzugehen.
Ich war ehrlich überwältigt, da ich wie gesagt etwas völlig anderes erwartet hätte, und frage mich nun wirklich, kann ein Tier Rücksicht nehmen?
Mich freut dieses Erlebnis, weil ich später gerne in die tiergestützte Therapie gehen möchte, und mich das nun noch bestätigt hat. Allerdings dachte ich bisher, dass die Tiere eher auf Autopilot laufen, und mich würde interessieren, ob ihr schoneinmal erlebt habt, dass ein Tier bewusst auf Einschränkungen eingeht - Ich freue mich schon auf Antworten, da ich nach wie vor echt geflashed bin, und gespannt was ihr so dazu sagt
Liebe Grüße |
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Palatina Erfahrener Benutzer
Anmeldungsdatum: 15.07.2008 Beiträge: 1184
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Verfasst am: 11.02.2015, 18:39 Titel: |
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Hallo und erst einmal gute Besserung für deine vielen Blessuren!
Die Rücksichtnahme kann ich nur bestätigen.
Mir ist sie schon in verschiedenen Situationen aufgefallen, gerade wenn die Esel oder das Muli mit kranken oder behinderten Menschen zusammentreffen.
Einmal bei einer Wanderung mit Sehbehinderten haben die Esel gemerkt, daß die Kinder nicht gut sehen können. Und haben selber die Führung übernommen. Aber nicht wie von mir erwartet hin zum nächsten Grasbüschel. Nein, wie an der Schnur gezogen mitten auf dem Weg geradeaus in moderatem Tempo. Und das egal, was die sehbehinderten Kinder am Ende des Strickes eigentlich angezeigt hatten.
Oder mein Muli, das früher ziemlich hüpfig drauf war. Als blinde Kinder sie abgetastet haben, um sie mit Eseln und Shetties zu vergleichen, da ist sie stehengeblieben wie ein Denkmal. Obwohl sie am Euter, in den Nüstern und an sonstigen "unüblichen" Stellen berührt worden ist. Sie hat sofort gemerkt, daß diese Kinder nicht wie sehende Kinder streicheln.
Ich glaube, die Tiere bekommen viel mehr mit, als man meint.
Und sie nutzen es nicht unbedingt zu ihrem Vorteil aus, daß ein Mensch mal schwächelt. Kommt vielleicht auf den Charakter an. Aber wie gesagt, ich habe sowas wie Rücksichtnahme schon mehrfach bei meinen Eseln und dem Minimuli erlebt.
Viele Grüße, Palatina _________________ Nur Fledermäuse lassen sich hängen! |
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roschels Erfahrener Benutzer
Geschlecht: Anmeldungsdatum: 31.10.2010 Beiträge: 502
Wohnort: 57632 Giershausen
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Verfasst am: 12.02.2015, 07:45 Titel: |
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Hallo Elli,
auch von mir erst einmal gute Besserung!
Tiere können Rücksicht nehmen, sie tun es aber nicht zwangsläufig.
Du hast gewiss eine andere Ausstrahlung, andere Körperhaltung, einen anderen Geruch (Gips) nach dem Unfall. Das da etwas anders ist, wird Dein Muli schon gelesen haben, bevor Du direkt vor ihr gestanden hast. Schön, wenn sie das nicht nur wahrnimmt, sondern selbst ein anderes Verhalten zeigt.
Ich habe vor 25 Jahren mit Tiergestützter Therapie begonnen und viele Beispiele der Rücksichtnahme erleben können. Tiere können unbeholfenes von aggressivem Verhalten sehr wohl unterscheiden. Viele Tiere bringen Menschen mit Handicap eine deutlich positive Wertschätzung entgegen (ganz wichtig für den Therapieerfolg!).
Ich hatte 10 Jahre lang vier von meinen kastrierten Ziegenböcken bei einem Wohnheim der Lebenshilfe untergebracht. Die dort lebenden Bewohner hatten recht unterschiedliche Handicaps und sie nutzten die Gelegenheit, mit den Ziegen in Kontakt zu treten, auch ganz unterschiedlich. Die Ziegen wussten bald, welcher Bewohner was von ihnen wollte und sie reagierten in aller Regel passend auf den einzelnen. Ziegen können ganz hervorragende Co-Therapeuten sein !
Auch meine Norwegerstute Morgane hat viele Jahre lang mit diesen Menschen zu tun gehabt.
Während sie mit mir eher ruppig umging und beim Reiten öfter mal deutlich gesagt bekommen musste, dass sie nicht auf jedem Wiesenweg galoppieren darf, so war ihr Verhalten den Behinderten gegenüber völlig anders. Sie hat nie eine Gelegenheit ausgenutzt, mal los zu rennen, sie war zu ihnen kuscheliger als zu mir.
Eine besondere Art der Rücksichtnahme zeigte mein Muli gegenüber Pony Hedinn, als der wegen einer fiesen Verletzung am linken Sprunggelenk lange Zeit mit hängendem Kopf in einer Ecke der Wiese stand. Wotan, damals 3jährig und noch die meiste Zeit des Tages voller Bewegungsdrang am Toben auf der Wiese, war der einzige, der nun viele Stunden des Tages ganz dicht neben dem Freund stehen blieb, immer wieder die Wunde (innen am Gelenk) leckte, die Mähne kraulte,... Die anderen Pferde haben den Kleinen einfach ignoriert.
LG,
Kirsten |
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L Erfahrener Benutzer
Geschlecht: Anmeldungsdatum: 06.06.2010 Beiträge: 406
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Verfasst am: 12.02.2015, 19:56 Titel: |
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Hallo Palatina, hallo Kirsten,
Vielen Dank für eure Genesungswünsche! Es geht schon bergauf, auch wenn ich nun lange dranhängen werde. Ich freue mich sehr über eure Antworten, und finde es schön und spannend, dass auch ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt. Wie gesagt, ich war mehr als überrascht, dass das sonst so konsequente Führung brauchende Muli tatsächlich rücksichtsvoll mit mir umgeht, und es lässt mich einiges nochmal überdenken. Dass Tiere viel mehr fühlen und denken als meist geglaubt war mir vorher schon klar, aber dass sie wirklich Dinge tun, nur um einem eingeschränkten Menschen Freude zu bereiten, das ändert doch selbst meine Wahrnehmung nocheinmal. Vor allem den extremen Unterschied am eigenen Leib zu erleben rührt einen doch.
Mich würde auch interessieren, ob ihr da in der tiergestützten Therapie Unterschiede zwischen Pferd, Esel und Muli beobachten konntet, bei Palatina meine ich herauszulesen dass du mit allen drei Arten Erfahrungen hast?
Liebe Grüße
Elly |
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Priska Erfahrener Benutzer
Alter: 70 Geschlecht: Anmeldungsdatum: 17.01.2013 Beiträge: 471
Wohnort: 93359 Wildenberg Entfernung: 0 km
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Verfasst am: 12.02.2015, 22:43 Titel: |
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Gute Besserung Elly ,
verlass Dich nicht drauf , das Deine Kleine Dich nur sanft Behandelt , denn sie hat sich wie Du schreibst ganz genau Begutachtet was Du für Handicaps hast !
Sie merkt sofort , wenn Du wieder besser auf den Beinen bist !
LG
Karin _________________ Ich liebe Pferde und diskutiere auch gern mit Eseln über das Für und Wider der Hufpflege ! (Die sind da schon mal anderer Meinung) Hufpflegerin aus Bayern |
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L Erfahrener Benutzer
Geschlecht: Anmeldungsdatum: 06.06.2010 Beiträge: 406
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Verfasst am: 12.02.2015, 23:15 Titel: |
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Priska, genau das hat mich ja verwundert, dass sie ebendiese Handycaps nicht ausnützt. Ich bin echt gespannt, wie sich das alles die nächsten Wochen entwickeln wird - Ich hab ja mit noch 8 Wochen Gips und den anderen Kleinigkeiten noch genügend Zeit ihr Verhalten weiter zu beobachten
Glücklicherweise ist alles Relevante umzäunt, also selbst wenn sie es sich anders überlegen sollte, es kann nichts Größeres passieren.
Liebe Grüße |
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roschels Erfahrener Benutzer
Geschlecht: Anmeldungsdatum: 31.10.2010 Beiträge: 502
Wohnort: 57632 Giershausen
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Verfasst am: 13.02.2015, 07:39 Titel: |
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Hallo Elly,
ich besitze keinen Esel, habe da also keinerlei Erfahrung mit Tiergestützter Therapie. Mein Muli ist noch jung und manchmal noch flegelig, also nicht konstant und berechenbar, also habe ich ihn nicht eingesetzt bislang.
Bei Pferden und bei Ziegen gibt es innerhalb der eigenen Art schon recht große Unterschiede. Nicht jedes Pferd und nicht jede Ziege ist gleichermaßen geeignet. Da ist es gut, wenn man die eigenen Tiere gut kennt und abschätzen kann, welches Tier für welchen Menschen passen kann.
LG,
Kirsten |
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helga Erfahrener Benutzer
Alter: 70 Geschlecht: Anmeldungsdatum: 13.12.2009 Beiträge: 832
Wohnort: Paliouri/Griechenland Entfernung: 0 km
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Verfasst am: 16.02.2015, 11:27 Titel: |
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Liebe Elly,
erst mal die besten genesungswuensche!
Als ich im letzten jahr zum ersten mal nach meinem reitunfall die pferde besucht hatte, war ich auf den rollstuhl angewiesen und mein radius war auf den putzplatz beschraenkt.
Ich hatte die arbeit des hufschmiedes ueberwachen wollen und endlich, nach 6 wochen, mal schauen, wie es allen geht.
Meine tiere zeigten kein interesse am mensch im rollstuhl, doch auch keine angst, als ich mich jedem nacheinander dann rollend/sitzend naeherte.
Weil wir uns immer "anstaendig behandeln", gab es auch in der folgezeit keine probleme, allerdings konnte ich keine besondere ruecksichtnahme feststellen.
Pass gut auf und vermeide das risiko, auch wenn dich dein muli mittlerweile schon gut kennt und mit deiner eingeschraenkten koerpersprache zurechtkommt, kann doch immer mal was passieren.
Als ich zum ersten mal wieder ausgeritten bin, ist mein pferd beim antraben gestolpert...keine absicht, doch mein herz ist grad mal ins bodenlose gefallen ob der moeglichen konsequenzen.
liebe gruesse von helga _________________ Schon das Aeussere des Tieres hat etwas an sich, das dem Inneren des Menschen gut tut. |
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L Erfahrener Benutzer
Geschlecht: Anmeldungsdatum: 06.06.2010 Beiträge: 406
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Verfasst am: 16.02.2015, 22:34 Titel: |
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Hallo Kirsten,
Erst einmal vielen Dank für das Beschreiben deiner Erfahrungen mit der tiergestützten Therapie! Dieses Thema finde ich einfach unheimlich spannend.
Hallo Helga,
Vielen Dank!
Das man immer aufpassen sollte ist klar! Wenn ich etwas mit der Mulette mache bin ich zum Glück auch nie allein und, wie gesagt, im Prinzip immer auf eingezäuntem Gelände. Natürlich kann auch da etwas passieren, ein gewisses Risiko bleibt immer.
Vielleicht ist es auch keine Rücksichtnahme, sondern nur ein anderes Verhalten aufgrund meiner veränderten Erwartungen und der riesigen Freude, die ich schon bei Kleinigkeiten habe, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall bin ich schon sehr gespannt, wenn ich sie diese Woche wiedersehe, wie sie sich dann verhalten wird, und wie sich die nächsten Wochen gestalten werden.
Ich verstehe sehr gut wie du dich gefühlt hast, mir geht es nun bei jeder Autofahrt so, dass mir bei Kleinigkeiten das Herz in die Hose rutscht. Wenn man ein Mal erlebt, was passieren kann, prägt das doch.
Liebe Grüße |
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